Stellungnahme zur aktuellen Asylsituation in Markt Schwaben
​Im August zogen 32 geflüchtete Menschen in den Ziegelstadel ein, 34 weitere folgen ihnen bald
nach. Für sie – und für alle anderen Bürger:innen in Markt Schwaben – wünschen wir uns, dass
unsere Gemeinde ein sozialer Ort ist, der Vielfalt wertschätzt und aktiv lebt. Ein Ort, an dem wir
miteinander dafür sorgen, dass es allen gut geht.
In den vergangenen anderthalb Jahren war es so, als ob der Diskurs über die
Geflüchtetenunterkünfte, über deren Finanzierung oder über den organisatorischen Aspekt der
Asylsituation im Ort das Wesentliche aus den Augen verloren zu haben schien: nämlich die
geflüchteten Menschen selbst, die zu uns kommen, weil sie Schutz und Sicherheit brauchen.
Weil sich einige Einwohner:innen hier im Ort mit dieser Situation nicht wohlfühlen, kann zum
jetzigen Zeitpunkt nur ein kleiner Teil schutzbedürftiger Menschen in Markt Schwaben
untergebracht werden. Dabei zählt der Landkreis Ebersberg zu den „Quotenuntererfüllern“, was
die Unterbringung geflüchteter Menschen angeht. Unterschiedliche Akteur:innen haben an
einer Kompromisslösung gearbeitet, die möglichst alle Interessen befriedigen will ̶ es aber
nicht schafft. Gleichzeitig hatten die Geflüchteten selbst keine Möglichkeit, in diesem Diskurs
ihre Stimme zu erheben und ihre Perspektive einzubringen. Auch wenn es schwer zu
akzeptieren ist: Flucht bleibt in unterschiedlicher Intensität ein Zukunftsthema, für das wir
nachhaltige und langfristige kommunale Strukturen brauchen. Dafür müssen Bürger:innen,
Kommunen und Verwaltung gemeinsam auf Augenhöhe miteinander kooperieren.
Inwiefern nachhaltige kommunale Strukturen zum Thema Flucht in Markt Schwaben aufgebaut
werden, ist jedoch fraglich. Einige der Einwohner:innen im Burgerfeld waren und sind
zwiegespalten ob der Frage, wie es ist, die Geflüchtetenunterkunft in unmittelbarer
Nachbarschaft zu haben. Dabei hat es der Verein Gemeinschaft Bürgerfeld e.V. in der
Vergangenheit gut verstanden, sich öffentlichkeitswirksam in eine permanente Opferrolle zu
begeben, deren Narrativ es ist, dass den Mitgliedern des Vereins stets Unrecht angetan werde
– ob von Gemeinderat, Bürgermeister, Landrat, der Presse oder sogar dem Freistaat Bayern. Sie
kritisieren die Verschwendung von Steuergeldern für die Anmietung des zweiten, nun
leerstehenden Gebäudes im Ziegelstadel, obwohl sie doch einst diejenigen waren, die eine
Vollbelegung des Ziegelstadels lautstark und vehement kritisiert und damit letztendlich
verhindert haben. Dies führte erst zum Gemeinderatsbeschluss für den Neubau einer
Unterkunft im Hanslmüllerweg. Jede Kritik an der Vorgehensweise des Vereins, sei sie noch so
objektiv geäußert oder berechtigt, wird meist als Angriff auf persönlicher Ebene interpretiert.
Da heißt es nicht selten: austeilen, aber nicht einstecken. Einzelpersonen im Umfeld des Vereins
machten in der Vergangenheit, als der Verein noch als Bürgerinitiative agierte, offen deutlich,
dass Immobilienwerte wichtiger seien als das Recht auf Asyl Schutzsuchender. Wäre im Frühjahr
2024 der Druck innerhalb der Gemeinde nicht so groß geworden oder die innerörtliche
Kommunikation diplomatischer gewesen, dann hätte Michael Stolze seinen Rücktritt als
Bürgermeister unter Umständen nicht für nötig befunden – und in seiner Position als
Gemeindechef vielleicht Rückgrat in der örtlichen Asyldebatte beweisen können.
Die Erwartungshaltung, dass der Verein Gemeinschaft Bürgerfeld e.V. aktiv an der Integration
der Geflüchteten im Ziegelstadel mitwirken müsse, kam in erster Linie aus den eigenen Reihen
– und scheint als Feigenblatt zu fungieren vor Vorwürfen der grundsätzlichen Ablehnung des
Asylrechts. Was den Kommunikationsstil angeht, so setzten Einzelpersonen im Umfeld des
Vereins in der Vergangenheit Flucht mit Kriminalität gleich, was wir als menschenverachtend
empfinden. Ebenso wie den Anspruch, sich die Nationalität oder den Familienstand der
geflüchteten Menschen, die zu uns kommen, wie Ware im Supermarkt aussuchen zu können.
Der Streit um das Asylthema in Markt Schwaben führte dazu, dass die Miete für ein
leerstehendes Gebäude im Ziegelstadel finanziert werden muss, das von vornherein vom
Landratsamt Ebersberg zwar als Asylunterkunft vorgesehen war, nun jedoch nicht mehr als
solche nutzbar ist. Da sich der bestehende Mietvertrag weder kündigen, noch ändern lässt,
kommen in den sieben Jahren Vertragslaufzeit Mietkosten im siebenstelligen Bereich
zusammen, die letztendlich die Steuerzahler:innen tragen müssen. Der Neubau im
Hanslmüllerweg, dessen voraussichtliche Kosten sich von anfänglichen zwei auf mittlerweile
etwa fünf Millionen Euro erhöht haben, ist bereits in Planung. Auf eine Nachnutzung dieses
Gebäudes konnte sich der Gemeinderat bisher nicht einigen, was den Bau des Gebäudes
weiterhin hinauszögert. Dass der Wohnraum für Schutzsuchende jedoch jetzt dringend benötigt
wird, scheint auch hier wieder zweitranging zu sein und für geringen öffentlichen Aufschrei zu
sorgen. Der Neubau per se, der aus wirtschaftlicher Sicht fragwürdig ist, wird in der
Öffentlichkeit, von Einzelpersonen abgesehen, kaum kritisiert. Dabei scheint der Neubau am
Hanslmüllerweg mit fünf Millionen Euro der günstigste Kompromiss und die beste Lösung für
das Streitthema Asyl in Markt Schwaben zu sein, zumindest für Gemeinderat, Bürgermeisterin
und Verein Gemeinschaft Bürgerfeld e.V.; die allermeisten Bürger:innen profitieren in keinerlei
Hinsicht von dieser Kompromisslösung, müssen sie finanziell aber mittragen.
Der Gemeinderat schien hier zugunsten der Interessen einer kleinen, aber lautstarken
Minderheit das Gemeinwohl einfach beiseite zu schieben. Und warum? Weil das Gremium im
vergangenen Jahr vor der Bürgerinitiative eingeknickt ist und in der Causa Asyl leider kein
Rückgrat bewiesen hat. Oder lag es eher daran, dass sich die Bürgerinitiative eine
parteipolitische Nähe zum Gemeinderat aufgebaut hat? Anders ist die Zeitverzögerung von
anderthalb Jahren hinsichtlich des Einzugs kaum zu erklären. Zur Erinnerung: Ursprünglich
sollten die Geflüchteten bereits im Mai 2024 in Markt Schwaben untergebracht werden. Woran
diese Verspätung liegt, wurde den Bürger:innen von Seiten des Rathauses bis heute nicht
kommuniziert. Dabei ist anzunehmen, dass das Rathaus einen guten Draht zum Ebersberger
Landratsamt hat. Sollte hier nicht mehr Transparenz seitens des Rathauses gegeben sein, so wie
es auch der Verein Gemeinschaft Bürgerfeld e.V. stets fordert?
Wir stehen heute noch immer für genau das, wofür wir uns Anfang letzten Jahres gegründet
haben: den Zusammenhalt im Ort. Und der ist gerade dann wichtig, wenn man keine
gemeinsame Ebene zu finden scheint. Wir müssen zusammenhalten, damit es alle gut haben
können. Dazu gehört auch, sich anzuschauen, wie andere Gemeinden solche und ähnliche
Situationen erfolgreich meistern – wie auch der Verein Gemeinschaft Bürgerfeld e.V. in seinem
Statement vorschlägt. Im Großraum München gibt es bereits zahlreiche Institutionen und
Vereine, die Erfahrungen und Wissen rund um das Thema Integration bereitstellen. Hier gilt es,
sich auszutauschen und zusammenzuschließen. Ein Schritt könnte sein, Dialogmöglichkeiten im Ort zu schaffen, an denen man beisammen ist und in lockerer Atmosphäre Ideen austüftelt –
und miteinander redet statt übereinander.
Anmerkung: Im Vergleich zur vorherigen Fassung haben wir einen Fehler im Bezug auf die Finanzierung der Unterkunft korrigiert.